Kolpingfamilie Appenzell (Hg.): Kolping Appenzell 1853–2003

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Titel
Kolping Appenzell 1853–2003. Mit Texten von Achilles Weishaupt, Hermann Bischofberger und Verena Schiegg-Manser


Herausgeber
Kolpinger Familie
Erschienen
Appenzell 2003: Appenzell Volksfreund
Anzahl Seiten
104 S.
Preis
ISBN
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Franziska Metzger, Seminar für Zeitgeschichte

Die Festschrift zum 150jährigen Bestehen der ältesten Kolpingfamilie der Schweiz, die unter der Redaktion von Achilles Weishaupt, Hermann Bischofberger und Verena Schiegg-Manser erschien, stellt einen organisations- und mentalitätsgeschichtlichen Überblick über die Geschichte dieser katholischen Sozialbewegung dar, der in einem chronologisch verlaufenden Abriss von der Gründungszeit des Vereins bis 1870, von der Neugründung in jenem Jahr bis 1914 und von 1914 bis 2003 die Entwicklung des Vereins und seiner Aktivitäten darstellt und in einem zweiten, soziobiographischen Teil die personelle und strukturelle Präsenz des Kolpingvereins in Appenzell aufzeigt.

Die Kolpingbewegung ist – wie die nationale und internationale Forschung zeigt – Teil der frühesten katholischen Sozialbewegungen im deutschsprachigen Raum, die ihren Ausgang in den 1830er und 1840er Jahren nahmen und die religiös-soziale Bildung der einheimischen wie durchwandernden Handwerker und Lehrlinge ins Zentrum ihrer Aktivitäten stellten. Der Kolpingverein Appenzell stellt den ersten schweizerischen Kolpingverein dar. Nach der Gründung durch den Kapuzinerpater Otto Gartmann und der Umwandlung des Vereins in eine liberale Organisation in den 1860er Jahren geschah 1870 eine dezidiert katholische Neugründung, welche sich bewusst gegen den damals aufgekommenen Grütliverein und die sozialistische Arbeiterbewegung richtete und im Rahmen der sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts verstärkenden katholischen Vereinsaktivitäten und Mobilisierung der katholischen Männer zu sehen ist. Als Teil der religiössozialen Standesvereine, die in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichten und in der ganzen Schweiz seit den 1870er Jahren systematisch ausgebaut wurden, stellten die Kolpingvereine einen organisatorischen Strang des katholischen Milieus dar, dessen Vernetzung gegen das 20. Jahrhundert hin zunehmend dichter wurde.

Die Hauptkapitel des vorliegenden Buches zur eigentlichen Gründungs- und Ausbauphase des Appenzeller Kolpingvereins zwischen 1870 und 1914 und zur Entwicklung vom Handwerksverein zur eigentlichen Kolpingfamilie in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg demonstrieren zum einen gut die Netzwerke um die Gründer- und Präsidespersönlichkeiten, deren Wirkungsfeld und personelle und institutionelle Vernetzung im Appenzeller Katholizismus, während sie zum andern in kulturgeschichtlicher Langzeitperspektive deren Aktivitäten von der sozialen Tätigkeit (Hilfsaktionen, Krankenkassen usw.), über religiöse Aktivitäten (vom Vortrags- bis zum Wallfahrtswesen), bis hin zu den verschiedensten Freizeitaktivitäten wie insbesondere dem Laientheater darstellen. Der organisationsgeschichtliche und biographische zweite Teil präsentiert mit einer Vielzahl von Namenslisten und biographischen Kurzporträts reichhaltige Daten, deren Auswertung im Rahmen einer breiteren sozialgeschichtlichen Untersuchung von Interesse wäre.

Neben dem guten Überblick über die organisatorisch-strukturelle Entwicklung und die religiös-soziale Tätigkeit des Vereins hätte insbesondere die ideengeschichtliche Ebene stärker integriert und ausgebaut werden können. Vor dem Hintergrund der Interrelation zwischen der strukturell-organisatorischen und der ideologisch-weltanschaulichen Ebene im katholischen Milieu wäre gerade etwa die Transmission gesellschaftspolitischer Konzeptionen im Kolpingverein von Interesse. Auch die verschiedentlich diskutierte Frage nach der zentralen Rolle geistlicher Präsides für den Aufbau der katholischen Subgesellschaft liesse sich in Bezug auf den Kolpingverein Appenzell sozial- und mentalitätsgeschichtlich weiterverfolgen.

Auch wenn die vorliegende Festschrift nicht sämtliche für die gegenwärtige sozial- und kulturgeschichtliche Katholizismusforschung interessanten und aktuellen Fragestellungen aufgreift, stellt sie einen materialreichen und anregenden Überblick über 150 Jahre Geschichte des Kolpingvereins Appenzell dar.

Zitierweise:
Franziska Metzger: Rezension zu: Kolping Appenzell 1853–2003.Hg. von der Kolpingfamilie Appenzell mit Texten von Achilles Weishaupt, Hermann Bischofberger und Verena Schiegg-Manser, Appenzell, 2003. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 54 Nr. 2, 2004, S. 222-223.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 54 Nr. 2, 2004, S. 222-223.

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